mehr wissen !

Für Dich und Dein Pferd

Wer es einmal ganz genau wissen will, dem sei die Lektüre der Arbeit empfohlen, die ich seinerzeit anlässlich meiner Hufbeschlagprüfung vor dem Kreisveterinäramt Münster verfasst habe.

Ich danke hier nochmals Herrn Dr. Körber für die Zuteilung dieses interessanten Themas und seine unermüdlichen Bemühungen um das theoretische Wissen angehender Hufbeschlagschmiede.
Auch unserem Hufbeschlaglehrschmied Herrn Manfred Schweppe sei ein Lob ausgesprochen für die sorgfältige und geduldige Ausbildung seiner Schüler.

Strahlfäule

Strahlfäule erkennen, behandeln, Ursachen finden und abstellen

 

 

Das Wachstum des Hufes

 

Eine zusammenfassende Darstellung der Wachstumsprozesse am Pferdehuf

 

Definition: Im Allgemeinen wird unter  dem Begriff Huf die Hornkapsel mit den in ihr eingeschlossenen Teilen verstanden. Das Wachstum der eingeschlossenen Teile beschränkt sich in der Regel auf die Zeitspanne, in der das Pferd insgesamt noch im Wachstum begriffen ist. Die Hornkapsel jedoch unterliegt unter natürlichen Bedingungen einer Abnutzung und wächst lebenslang.

 

Wenn man im allgemeinen Sprachgebrauch von Hufwachstum spricht, meint man in der Regel vor allem das Wachstum des Kronhornes, das Schutz- und Tragefunktionen  erfüllt. Doch auch die anderen Hornteile des Hufes wachsen entsprechend: Der Hornstrahl, die Eckstreben, die Hufballen, das Horn der Hufsohle und die Glasurschicht. Wenngleich ich mich im Folgenden aufgrund seiner  besonderen Bedeutung auf die Darstellung des Kronhornes und seines Wachstums konzentrieren will, so gelten doch die meisten der dargestellten Mechanismen auch für die anderen Hornarten des  Pferdehufs.

 

 

Grundmechanismen der Hornbildung

 

Die Bildung von Horn ist keine Besonderheit des Pferdekörpers, sondern findet bei allen Wirbeltieren, also auch beim Menschen statt. Sie ist ein Prozeß,  der den Organismus nach außen hin mit einer mehr oder weniger stabilen Schutzschicht umgibt und findet in den äußeren Hautschichten statt. Allgemein ist die Haut im Wesentlichen aus drei Schichten aufgebaut: Der Unterhaut (Subcutis), der Lederhaut (Dermis) und der Oberhaut (Epidermis). Bei dem Schutz vor Umwelteinflüssen haben die beiden letzteren eine besondere Bedeutung und arbeiten sozusagen Hand in Hand.

 

Die Lederhaut ist reichlich mit Blutgefäßen und Kapillaren durchzogen, wird also sehr gut durchblutet und ernährt. Auf der Lederhaut wachsen die Oberhautzellen; gewissermaßen wie auf einem Nährboden. Die Oberhaut wird nämlich von keinerlei Blutgefäßen versorgt, sondern wird von der Lederhaut durch Diffusion  ernährt, d.h. die Nährstoffe, die über das Blut in die Lederhaut gelangen, werden allein durch das Konzentrationsgefälle der Substanzen durch die Zellwände hindurch transportiert. Die Lederhaut dient also in erster Linie als „Ernährer“ der Oberhautzellen. Diese sind in verschiedenen Schichten angeordnet. Die folgende Schilderung bezieht sich speziell auf die Oberhaut des Kronsegmentes des Pferdehufes und trifft prinzipiell auch auf die anderen Oberhäute des Hufes zu.

Die Basalschicht, oder Stratum basale liegt direkt auf der Lederhaut. Die Basalzellen teilen sich fortwährend und bilden soviel Zellmasse, wie an  den äußeren verhornten Schichten abgeschliffen wird. Von den zwei Zellen, die bei der Teilung entstehen bleibt eine undifferenziert, um für weitere Zellteilungen zur Verfügung zu stehen. Die andere wandert  in die nächste Oberhautschicht, die Stachelzellschicht, das Stratum spinosum. Während die Zelle durch diese Schicht „hindurchwächst“, verändert sie sich stark. Der Gehalt an Keratin-Verbindungen verdreifacht sich annähernd und es bildet sich eine verstärkte Zellmembran. Die Zellen geben eine Interzellularkitt genannte Substanz in die Zellzwischenräume ab. Die Keratine bilden im Laufe der Verhornung in der Zelle  ein stabiles Fachwerk aus mehrfach verwobenen Fasern. Schließlich, nach vollendeter Keratinisierung und Verhornung sterben die Zellen ab und bilden das Stratum corneum. Sie sind durch den Interzellularkitt fest miteinander verbunden. Doch auch wenn die Zellen abgestorben sind heißt das nicht, daß sie sich nicht mehr verändern. Gewisse Proteine zerfallen und haben durch die osmotischen Wirkungen ihrer  Zerfallsprodukte Einfluß auf den Wasserhaushalt der Zellen.

Hornzellen sind also hochdifferenzierte Oberhautzellen, die sich vor allem durch ihre massiv verstärkte Zellmembran (sog. Cornified Envelope)  und durch ihr sehr stabiles, wie ein Raumfachwerk aufgebautes Keratingerüst im Zellinneren auszeichnen.

Über diese grundsätzlich bei allen Arten der Verhornung gleichen Mechanismen hinaus gibt es unterschiedliche Arten der Verhornung, die sich vor allem durch die Art der gebildeten Keratine und deren räumliche Anordnung unterscheiden. Hier sind die weiche und die harte Verhornung zu nennen. Auch am  Pferdehuf finden wir die daraus resultierenden beiden Arten von Horn.

 

 

 Aufbau und Aufgaben des Pferdehufes

 

Zum besseren Verständnis der Wachstumsvorgänge im  Pferdehuf  will ich zunächst seinen Aufbau beschreiben.

Die Kräfte, die die Körperlasten in Ruhe und Bewegung erzeugen, werden durch die Knochensäule der Extremitäten bodenwärts geleitet.  Der letzte Knochen in dieser Kette ist das Hufbein. Von diesem Knochen müssen die Kräfte nun durch ein geeignetes Organ auf den Boden übertragen werden. Im Laufe der Evolution hat sich „dazu“ der Huf  entwickelt, der verschiedentlich auch Zehenendorgan (in diesem Falle des Pferdes) genannt wird.

Das Hufbein ist außer an der Gelenkfläche mit einer Lederhaut bedeckt, die direkt an der Knochensubstanz  angewachsen ist. Eine Knochenhaut fehlt bzw, ist nur in den sich in den ersten zwei Jahren des Pferdelebens sich bildenden Rillen des Hufbeines vorhanden. Die Unterhaut fehlt völlig. An den Wandflächen bildet die Lederhaut blättchenartige Ausstülpungen, die Lederhautblättchen. Ihre Zahl ist ziemlich konstant und von der Größe des Hufes unabhängig. Jedes dieser 550 bis 600 Blättchen hat bis zu

200  Nebenblättchen. Auf den Lederhautblättchen befindet sich die Wandepidermis, die Oberhaut dieses Hufsegmentes. Diese bildet, wie weiter oben beschrieben die Hornblättchen, die aus Weichhorn bestehen, das  relativ weich und stärker wasserhaltig ist.

Proximal (nach oben hin) schließt sich an die Wandlederhaut die Kronlederhaut an, deren Unterhaut den etwa daumendicken Kronsaum bildet, auf dem sich die Kronlederhaut befindet. Diese bildet ebenfalls Ausstülpungen, jedoch diesmal in Form von  4-8 mm langen Zoten oder Papillen die nach distal (unten) zeigen. Auch diese Papillen sind von einer Epidermis  bedeckt, deren Zellen sich teilen und verhornen. Allerdings gibt es Unterschiede in der Verhornung. An den Seiten der Papillen wird recht wiederstandsfähiges, hartes und doch elastisches Horn gebildet, das die Wände der Hornröhrchen bildet. Die über den Spitzen der Papillen gebildeten Zellen liegen nur locker aneinander, verhornen  nicht vollständig und schrumpfen oder zerfallen im Laufe der Zeit mehr und  mehr, so daß ein lockeres Röhrchenmark oder sogar ein Hohlraum entsteht. Die Zellen zwischen den Papillen bilden das Zwischenröhrchenhorn, das die einzelnen Hornröhrchen fest miteinander verbindet. Der Durchmesser der Hornröhrchen nimmt von innen nach außen von ca. 0,8 mm bis auf ca. 0,2 mm ab, ebenso der Wassergehalt der Hornzellen. Für ihre Anzahl gibt die Literatur unterschiedliche Werte an. BUCHER (1987) ermittelte in der Innenzone des Kronhornes 8 Röhrchen/mm2, für die Außenzone jedoch 14 Röhrchen/mm2. Pellmann et al. (1993) finden im gesamten Kronhorn eine  Röhrchendichte von 7/mm2.

Das im Kronsegment gebildete Horn wächst nach distal (unten), indem sich die Zellen des Stratum basale der Kronoberhaut immer weiter teilen und verhornen und so die bereits verhornten Zellen gewissermaßen vor sich her nach unten schieben.

Die Kronhornschicht, auch Schutzschicht oder Hornwand genannt, ist fest mit dem Blättchenhorn der Leder- und Oberhautblättchen  verbunden. Die Hornblättchen können an den Lederhautblättchen von oben nach unten vorübergleiten, sind aber aufgrund der starken Verzahnung durch Blättchen und Nebenblättchen dennoch stabil miteinander  verbunden. Dies ist besonders wichtig, da einerseits ständig neues Kronhorn gebildet und von oben nach unten geschoben wird um den natürlichen Hornabrieb zu ersetzen, andererseits eine stabile Verbindung von Hufbein und Hornkapsel erforderlich ist, da das Hufbein  in der Hornkapsel aufgehängt ist, die einfallenden Körperlasten also überwiegend durch Zug übertragen werden.

Proximal an die Kronwulst  schließt sich die Saumwulst an. Sie ist ähnlich aufgebaut, aber viel dünner. Die Zöttchen sind max. 2 mm lang und produzieren Weichhorn, daß sich als feuchtigkeitsausgleichende Glasurschicht auf das Kronhorn legt und mit ihm nach unten wächst.

 

Schließlich werden die Zellen, wenn sie bis zum Tragrand herunter gewachsen  sind, abgeschliffen.

Unter natürlichen Bedingungen sind Hornneubildung und Hornabnutzung im Gleichgewicht.

In der Literatur finden sich unterschiedliche Angaben bezüglich der Hornbildungsrate.

Die  Hornbildungsrate gibt an, um wie viele Millimeter das Kronhorn in einer bestimmten Zeit wächst. Es finden sich Angaben zwischen 4 mm und 14 mm pro 28 Tage. Im allgemeinen geht man in der Praxis von durchschnittlich etwa 8 mm pro Monat aus.

Die Huferneuerungszeit ist die Zeit, die das Hufhorn benötigt um sich einmal vollständig zu erneuern. Sie ist abhängig von der Hornbildungsrate und der Größe/Länge des Hufes. Hier schwanken die Angaben in der Literatur zwischen 8 und 20 Monaten. Als durchschnittlichen Anhaltswert kann man von ca. einem Jahr ausgehen.

Die Hornabnutzungsrate gibt an, um wie viele Millimeter sich das Hufhorn (Kronhorn) in einem bestimmten Zeitraum abnutzt.
Hierzu kann man kaum durchschnittliche Angaben machen, da der Wert der Hornabnutzungsrate von vielen Faktoren abhängt; wie  z.B. auch die Bewegungsgewohnheiten der Pferde beim Weidegang; die Art, Häufigkeit und Dauer der vom Menschen abverlangten Arbeit, die Beschaffenheit der jeweiligen Böden/Untergründe, die genetisch oder  durch andere Ursachen beeinflußte Hufhornqualität, etc. Man kann jedoch sagen, daß ein Pferd bei dem die Hornbildungsrate größer ist als die Hornabnutzungsrate gute Chancen hat ohne einen Hufbeschlag auszukommen, wenn nicht medizinische/orthopädische, anatomische oder aus dem Verwendungszweck des Tieres resultierende Gründe dagegen sprechen. Ist die Hornbildungsrate jedoch kleiner als die Abnutzungsrate ist es auf jeden Fall angezeigt irgendeine Art von Hufschutz zu verwenden. Selten wird es gelingen die Abnutzungsrate in einem ausreichenden Maße zu verringern, indem man z.B. Maßnahmen ergreift, die die  Hornqualität verbessern (s.u.) oder die Hornbildungsrate hinreichend durch geeignete Maßnahmen erhöhen (s.u.). Lediglich die Verringerung der von dem Pferd geforderten Arbeit und/oder die Auswahl  geeigneterer Untergründe kann in einem solchen Fall ein weiteres Barhufgehen des Pferdes ermöglichen.

 

Faktoren mit Einfluß auf die Hornbildungsrate und die Hornabnutzungsrate

 

Wie bereits oben erwähnt gibt es zahlreiche  Faktoren die auf die Bildung und die Abnutzung von Hufhorn Einfluß nehmen.

 

Physiologische Faktoren

 

Hier ist zunächst einmal die genetische Disposition des Pferdes zu nennen. Sie beeinflußt direkt die Hornbildungsrate. Man kann sagen, die Veranlagung zu schnellerem oder langsameren Hornwachstum ist in gewissen Grenzen angeboren, bzw. vererbt.

Aber auch  die Hornabnutzungsrate wird indirekt genetisch beeinflusst; und zwar in dem Maße, wie die Hornqualität genetisch determiniert ist. Qualitativ minderwertiges, sprödes, brüchiges Horn unterliegt einem  stärkeren Verschleiß als qualitativ hochwertiges.

 

Aber auch anatomische Aspekte sind von Bedeutung. Häufig wird in der Literatur ein stärkeres Hornwachstum an den Hintergliedmaßen von Pferd und Rind genannt. Allerdings sind nicht alle Autoren dieser Auffassung.

 

Ebenfalls umstritten ist der Einfluß des Alters des Individuums auf die Hornbildungsrate. Bis auf wenige Ausnahmen wird davon ausgegangen, daß diese bei Pferden mit zunehmendem Alter sukzessive abnimmt.

 

Umstritten ist auch der Einfluß des Geschlechts auf das Hornwachstum. Richter und Graham finden, daß die Hornbildungsrate bei Hengsten am größten und bei  Wallachen am geringsten ist. Butler und Hinz, sowie Schreyer finden einen solchen Zusammenhang nicht.

 

 Gesichert ist der Einfluß von Hormonen auf die Zellteilungsrate im Stratum basale, vor allem der Einfluß von Prolaktin, das in Abhängigkeit von der Tageslichtlänge und der Umgebungstemperatur gebildet wird und somit auch die jahreszeitlichen Schwankungen der Hornbildungsrate beeinflussen dürfte, auf die ich in einem späteren Kapitel noch eingehen werde. Daneben gibt es noch weitere Hormone die auf die Epidermis insgesamt und somit auch auf das Hufwachstum Einfluß haben.

 

 

Der Einfluß der Ernährung auf die Hornbildungsrate

 

Dieser Zusammenhang ist unmittelbar nachvollziehbar wenn man sich vor Augen hält, das Horn letztendlich eines von vielen Stoffwechselprodukten ist, die aus der Verwertung der aufgenommenen Nahrung resultieren. Die Bausteine für die spezifischen Bestandteile der Hornzellen (wie auch für jedes andere Gewebe des Körpers) müssen aus den Nahrungsbestandteilen vom Körper synthetisiert werden oder sind direkt in der Nahrung enthalten. Fehlen die Grundbausteine können auch die Endprodukte nicht oder nicht in der erforderlichen Menge  und/oder Qualität hergestellt werden.

Echte Mangelerscheinungen sind bei ausgewogener Ernährung selten, können aber durchaus vorkommen. So ist z.B. bekannt, daß manche Böden aufgrund teilweise Jahrhunderte langer intensiver Nutzung keine ausreichenden Mengen gewisser Spurenelemente, z.B. Selen mehr enthalten. Infolge dessen mangelt es auch in den auf diesen Böden wachsenden Pflanzen an den entsprechenden Stoffen. Große Gestüte lassen deswegen heutzutage oft Bodenproben analysieren um die in der Fohlenaufzucht zu verwendenden Zusatzfuttermittel bestimmen und dosieren zu können.

 Einen wesentlichen Einfluß hat vor allem der Rohproteingehalt der Nahrung. Bei Pferden mit mangelhafter Eiweißversorgung findet man eine deutlich erniedrigte, bei Eiweißüberschuß eine erhöhte Hornproduktion.

Es gibt deutliche Hinweise darauf, daß man die Hornzubildungsrate durch zusätzliche Gabe von Eiweiß in Form von Gelatine positiv beeinflussen kann. Diese enthält auch die für die Keratinsynthese benötigten Aminosäuren Cystein, Argenin und Leucin.  Vor allem ersterer schreibt man heute einen die Hornbildung stimulierenden Effekt zu.

Beim Biotin scheiden sich wieder die Geister. Es scheint aber so zu sein, daß eine Biotin-Gabe zwar unter Umständen dazu geeignet ist die Hornqualität zu verbessern, nicht aber die Hornbildungsrate zu erhöhen (z.B. Geyer und Budras).

 

Der Einfluß der Jahreszeiten auf die Hornbildungsrate

 

Allgemein bekannt ist der jahreszeitliche Einfluß auf die Hornbildungsrate. Im Winter wächst das Kronhorn des Pferdehufes nicht so schnell wie im  Sommer. Doch wodurch läßt sich diese Beobachtung erklären? Ein verbreiteter Erklärungsansatz liegt in der Tatsache, daß bei niedrigen Außentemperaturen die Kapillaren in den äußeren Körperregionen verengt werden um den Wärmeverlust möglichst gering zu halten. Infolge dessen wird auch die Huflederhaut schlechter durchblutet, kann also das Stratum basale nicht mehr so reichhaltig ernähren,  worauf die Oberhautzellen mit einer verlangsamten Zellteilungsrate reagieren.

Einen weiteren Einfluß auf die Hornbildungsrate hat, wie bereits erwähnt, auch die Tageslichtlänge. In Abhängigkeit  von der Tageslichtlänge und –intensität wird in der Hirnanhangdrüse neben anderen das Hormon Prolaktin gebildet. Je intensiver das Licht und je länger die Lichteinwirkung, desto mehr Prolaktin  wird gebildet. Es regt in der Epidermis die Zellteilung der Basalzellen und somit im Pferdehuf die vermehrte Hornzubildung an.

 

Darüber hinaus ändern sich beispielsweise Art und Zusammensetzung des Futters jahreszeitlich bedingt. Von Fall zu Fall können auch die im nachfolgenden Kapitel  beschriebenen Einflüsse der Haltung sich im Wechsel der Jahreszeiten verändern.

 

 

 Der Einfluß der Haltung auf die Hornbildungsrate

 

Die Art der Haltung hat einen erheblichen Einfluß  auf die Hornbildungsrate. Wenn ein Pferd sich viel bewegt  wird auch die Huflederhaut besser durchblutet und das Hornwachstum wird entsprechend angeregt.

Aber auch der Hufbeschlagschmied übt einen direkten Einfluß aus: Eine Hufkorrektur regt ihrerseits das Hufwachstum an, ein Hufbeschlag hingegen vermindert die Hornbildungsrate.

 

Wie der Pferdehalter zu einer guten Hornbildungsrate beitragen kann

 

Aus dem oben genannten ergibt sich, daß der Halter eines Pferdes zu einer guten Hornbildungsrate beitragen kann.

Durch eine ausgewogene Fütterung mit ausreichendem Gehalt der an der Hornbildung beteiligten Substanzen, vor allem Rohproteinen, schwefelhaltigen Aminosäuren, Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen legt er die Grundlage für ein gesundes,  gutes Hufwachstum.. Gegebenenfalls sollte er mit seinem Tierarzt klären, ob eine Supplementierung des Futters mit Mangelstoffen (z.B. Selen, Zink, Gelatine, Biotin etc.) sinnvoll oder nötig ist.

Das Pferd  sollte außerdem regelmäßig bewegt werden und auch sonst die Möglichkeit zur Bewegung, z.B. ausreichenden Weidegang, haben.

Um einen günstigen Prolaktinspiegel im Blut zu erreichen sollte das Tier in einem ausreichend hellen Stall gehalten werden. Auch unter diesem Aspekt ist reichlicher Weidegang vorteilhaft.

Unter entsprechenden Bedingungen kann es sinnvoll oder nötig sein das Hufwachstum darüber hinaus zu  fördern.

Dazu sei auf die Tatsache verwiesen, daß die Hornbildungsrate um so größer ist, je besser die Huflederhaut durchblutet ist. Allerdings vorausgesetzt, daß den Zellen durch eine ausgewogene Fütterung oder eine entsprechende Supplementierung des Futters alle zur Hornbildung nötigen Substanzen in ausreichender Konzentration zur Verfügung stehen.

Durch eine Einreibung der Hufkrone mit durchblutungsfördernden Salben, wie zum Beispiel einer Salbe mit 20% Lorbeeröl, kann also die Hornbildungsrate zum Teil erheblich verbessert werden. Auch die Phytotherapie und die Homöopathie bemühen sich mit entsprechenden Präparaten (z.B Ginko biloba) um solche Effekte.

 

Hufwachstum und Hornqualität

 

Habe ich bis jetzt in erster Linie quantitative Aspekte der Hornbildung betrachtet, will ich mich  nun noch der Hornqualität als Aspekt des Hufwachstums widmen. Praktisch ist die Hornqualität von ähnlich großer Bedeutung wie die Hornbildungsrate. Was „nützt“ es, wenn ein Huf gut wächst, die Qualität des entstehenden Hornes aber so schlecht ist, daß der Huf sich rasch abnutzt, der Tragrand ausbricht oder sich Hornspalte, lose oder hohle Hufwände bilden? Der Pferdebesitzer wird also bestrebt sein, nicht nur  das Hufwachstum zu beschleunigen sondern auch die Qualität des entstehenden Hornes positiv zu beeinflussen.

Allerdings ist es so, daß die meisten Maßnahmen, die zu einer Erhöhung der Wachstumsrate führen,  auch eine Qualitätsverbesserung bewirken. Doch Vorsicht vor Verallgemeinerungen: Wie erwähnt scheint Biotin z.B. vor allem die Hornqualität und weniger die Wachstumsrate zu beeinflussen, während es bei der Gelatine gerade umgekehrt zu sein scheint; sie erhöht vor allem die Wachstumsrate, hat aber nach Meinung einiger Autoren kaum Einfluß auf die Qualität des gebildeten Hornes.

Tatsächlich kann man davon ausgehen, daß zahlreiche die Hornqualität beeinflussende Faktoren noch unbekannt oder zu wenig untersucht sind. Auch haben wir es mit komplizierten Wechselwirkungen des gesamten Stoffwechsels zu tun. Die  Bedeutung von Zink und Kupfer beispielsweise ist relativ gut bekannt. Sie fördern die Bildung bestimmter molekularer Verbindungstypen im Interzellularkitt und sorgen so für eine bessere Festigkeit des Hornes. So wiesen Coenen und Spitzlei 1996 in qualitativ schlechtem Hufhorn einen deutlich erniedrigten Zinkgehalt nach. Dies deutet zwar auf einen Zusammenhang zwischen Zinkgehalt im Horn und dessen Festigkeit hin, erklärt aber nicht den niedrigen Gehalt von Zink an sich. Möglicherweise ist in der Nahrung von vornherein zu wenig Zink enthalten; möglicherweise enthält das Futter auch ausreichend Zink, daneben aber auch andere Stoffe die Zink binden oder die Verwertbarkeit für den Organismus herabsetzen; oder es liegt eine Störung im Stoffwechsel vor die bewirkt, daß der Körper das Zink nicht richtig verwerten kann. Wenn man also z.B. einen niedrigen Zinkgehalt im Horn nachweist heißt das nicht, daß Zinkgaben auch die Qualität verbessern können. Vielleicht muß auch erst eine Stoffwechselstörung behandelt  werden, sofern sie behandelbar ist. Dies gilt natürlich nicht nur für Zink.

 

 Der Einfluß der Ernährung auf die Hornqualität

 

In diesem Zusammenhang sei auf die bereits erwähnte Tatsache verwiesen, daß die meisten ernährungsbedingten Faktoren die die Hornbildungsrate beeinflussen auch eine Auswirkung auf die Hornqualität haben. Besonders seien hier noch einmal folgende Stoffe und Stoffgruppen erwähnt: Rohprotein, schwefelhaltige Aminosäuren, essentielle Fettsäuren, Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente vor allem Kalzium, Phosphor, Zink und Kupfer. Wobei vor  allem bei den letztgenannten anorganischen Substanzen nicht nur der absolute Gehalt eine Rolle spielt, sondern auch das Konzentrationsverhältniss zwischen den einzelnen Stoffen.

 

 

Physiologische Einflüsse auf die Hornqualität

 

Diese Faktoren sind vor allem genetisch festgelegt. Sie lassen sich also nicht unmittelbar für das Individuum sondern vor allem für die Rasse durch Zuchtauswahl beeinflussen.

Umstritten ist der Einfluß der Pigmentation des Hufhornes auf seine Qualität. Entgegen früherer Annahmen deuten neuere Untersuchungen darauf hin, daß die Horneigenschaften von der  Pigmentierung unabhängig sind.

Auf jeden Fall spielt die Fähigkeit des Hufhornes Wasser aufzunehmen und zu binden eine entscheidende Rolle hinsichtlich der Hornqualität. Diese Fähigkeit wird in erster Linie mit beeinflußt von der mikroskopischen Struktur des Hufhornes.

 

 

 Strukturelle Faktoren mit Einfluß auf die Hornqualität

 

Die Zusammenhänge auf diesem Gebiet sind recht kompliziert. Sie seien zumindest kurz angedeutet:

Je geringer der Anteil an Zwischenröhrchenhorn und je dicker die Röhrchenrinde und je geringer der Durchmesser des Röhrchenmarkes ist, desto größer ist die mechanische Widerstandskraft.

Das Horn ist auch um so stabiler, je größer die Anzahl der Hornröhrchen je Flächeneinheit ist und je größer der Durchmesser der Hornröhrchen ist (geringerer Anteil an  Zwischenröhrchenhorn).

Auch die Menge, Verteilung und Zusammensetzung des Interzellularkittes ist ein wichtiger Faktor. Nach Budras und Bragulla ist das Horn um so stabiler, je kleiner der  Interzellularspalt zwischen den einzelnen Hornzellen ist.

Auch der Wassergehalt wird von der Mikrostruktur beeinflußt.

 

Der Einfluß der Jahreszeiten auf die Hornqualität

 

Wie  bei der Hornbildungsrate ist auch hier zunächst auf die jahreszeitlich bedingten Unterschiede in der Ernährung hinzuweisen, die ihrerseits wieder die Hornqualität mitbestimmen.

Die schlechteste Hornqualität wird im allgemeinen im Sommer beobachtet, was sich wohl nicht mit der Ernährungssituation erklären läßt. Vermutlich ist schlicht der abnehmende Wassergehalt des Hufhornes im Sommer dafür  verantwortlich.

 

Der Einfluß der Haltung und Umwelt auf die Hornqualität

 

Hufhorn guter Qualität besitzt im Allgemeinen eine gute Widerstandskraft auch gegen Feuchtigkeitsschwankungen und bleibt auch durch längere Trockenperioden und feuchtere Zeiten weitgehend unbeeinflußt.

Dagegen trocknet qualitativ schlechtes Horn relativ schnell aus, wird schnell spröde und neigt dann zu Ausbrüchen und  Zusammenhangstrennungen.

Eindringende Feuchtigkeit erweicht das qualitativ schlechte Horn hingegen, es wird weich und bröckelig.

Auch die Stallhygiene hat einen großen Einfluß auf die Hornqualität:

 Besonders das weiche Röhrchenmark ist anfällig gegenüber den chemischen Einflüssen von Kot und Harn.

Harnstoff kann die Festigkeit gebenden Keratinproteine aus den Hornzellen herauslösen. Ein  Harn-Kot-Gemisch zerstört den Interzellularkitt zwischen den einzelnen Hornzellen. In der Folge kann die geschwächte Hornsubstanz von Bakterien und Pilzen besiedelt und so weiter zerstört werden.

 

Wie der Pferdehalter zu einer guten Hornqualität beitragen kann

 

Im Großen und Ganzen gilt das im Kapitel „Wie der Pferdehalter zu einer guten Hornbildungsrate beitragen kann“ gesagte auch für die  Erhaltung und Verbesserung der Hornqualität.

Darüber hinaus sei dem Pferdehalter eine gute Stallhygiene ans Herz gelegt. Das Pferd sollte nicht im „Mist“ oder in der „Gülle“ stehen.

 Da die Hornqualität einerseits zu einem nicht unbedeutenden Teil genetisch determiniert ist (Struktur) andererseits der Wassergehalt des Hufhornes gerade bei schlechter Hornqualität eine entscheidende  Bedeutung hat sei dem Pferdehalter empfohlen nach einem Feuchtigkeitsausgleich zu streben. Bei feuchten Haltungsbedingungen ist anzustreben, den Huf möglichst vor zuviel Feuchtigkeit zu schützen. Etwa durch trockene Einstreu im Stall und Einfetten oder Teeren vor dem Weidegang auf einer matschigen Wiese. Ist (z.B. im Sommer) die Umgebung dauerhaft sehr trocken sollte man nach Möglichkeiten suchen, den Hufen  Feuchtigkeit zuzuführen. Weidegang in den frühen Morgenstunden auf taunassen Wiesen und das Anlegen eines „Schlammbades“ rund um die Tränken, so daß die Tiere sich beim Saufen jedesmal „nasse Füße“ holen,  werden verschiedentlich empfohlen. In besonders problematischen Fällen kann es erforderlich sein in regelmäßigen Abständen kurzzeitig Angußverbände mit klarem Wasser anzulegen oder das Pferd regelmäßig für einige Zeit in klares Wasser zu stellen (z.B. einen Bach o.ä.).


[Update zu dem letzten Abschnitt im Februar 2021: 

Meine oben zitierte Arbeit ist aus dem Jahr 2003 und war für die Vorlage beim Prüfungsausschuss bestimmt. Meine persönliche Einschätzung mancher Dinge hat sich in den letzten 18 Jahren geändert.

Das Fetten von Hufen ist meiner Meinung nach nicht nötig, allenfalls die Verwendung eines guten Öles kann in einigen Fällen sinnvoll sein. Ein gesunder Huf mit guter Struktur (genetische Veranlagung) braucht nicht gegen Nässe oder Trockenheit geschützt zu werden. Hufteer wird heute (meiner Meinung nach zurecht) wenig verwendet und kann bei zu reichlicher Anwendung sogar ungünstig sein, wenn durch reichlichen Auftrag Spalten und Risse verschlossen werden und unter dem Sauerstoffabschluss gute Bedingungen für anaerobe Bakterien entstehen.

Was die Anwendung von Wasser angeht haben die extrem trockenen Sommer der letzten Jahre gezeigt, dass man mit Wässern der Hufe nicht gegen wirkliche Trockenheit ankommt. Allenfalls das Sprengen des Auslaufes kann dann Abhilfe schaffen. Prof.Dr. Geyer von der Universität Zürich hat gezeigt, dass bei kurzem Wässern der Hufe (unter 15 Min) durch das rasch aufeinander folgende Quellen und Schrumpfen der äußeren Hornschicht  Ermüdungsrisse entstehen können, die sich mit der Zeit vergrößern könnten. Also eigentlich das Gegenteil von dem, was man erreichen will. Zu dem Thema trockene Hufe können Sie gerne hier weiter lesen ( Trockene Hufe! Ein Problem?)

 

„Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,

(1) muß das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,

(2) darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, daß ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,

(3) muß über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und  verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen“ (§2 TierSchG)

 

 Quellen


Diese Arbeit wurde von mir unter Verwendung folgender Literatur angefertigt:

 

Huf, Hufbeschlag, Hufkrankheiten ; Dr. med. vet. Hans-Dieter Körber

 

Struktur, Funktion und Qualität des Kronhornes im Pferdehuf; Bettina König, Inaugural Dissertation, Berlin 2001

 

Anatomische und histologische Untersuchungen an den Hufen von Connemara-Ponys, Irischen Huntern und englischen Vollblütern, Silke Schroth, Inaugural Dissertation, Leipzig 2000

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