Hufgeschwür richtig behandeln: Erfahrungsbericht aus dem Offenstall – mit Hufdruckverband zum Erfolg
Heute will ich euch von einem interessanten Fall berichten, der eindrücklich zeigt, wie wichtig ein korrekt angelegter Hufdruckverband bei einem Hufgeschwür ist – gerade auch in Situationen, die man aus dem Lehrbuch so gar nicht kennt. Mein Patient: ein Offenstallpferd, das leider mit einem klassischen Hufabszess zu kämpfen hatte. Vielleicht kennt ihr das Problem: Plötzlich lahmt das Pferd, die Sorge ist groß – und die richtige Behandlung entscheidet darüber, wie schnell alles wieder gut wird.
Hufgeschwür: Diagnose und erste Maßnahmen
Das Pferd, um das es geht, lebt ganzjährig draußen in einem großen Offenstall – mit mehreren tausend Quadratmetern Paddock, Heuraufen, Tränken und permanentem Weidezugang. Einerseits ein Traum für jedes Pferd, macht es die Versorgung im Krankheitsfall aber auch nicht immer leichter. Klassisch begann die Geschichte: Lahmheit, dann der Verdacht auf ein Hufgeschwür. Die behandelnde Tierärztin hat das Ganze zunächst beobachtet, dann nach einiger Zeit auch einen Rat bei mir eingeholt. Es war schon alles gut vorbereitet: ein kleines Loch im Huf, das Sekret konnte abfließen. Meine Empfehlung: Ein sauberer Hufverband – und zur Sicherheit ein Davis-Krankenschuh, damit das Pferd trotz Verband auf die Wiese konnte. Eine Lösung, die in einem Offenstallalltag wunderbar praktikabel ist und dem Pferd Bewegungsfreiheit gibt.
Verlauf und plötzlicher Rückschlag
Nach einigen Tagen sah zunächst alles bestens aus – das Pferd lief schon wieder deutlich besser. Doch dann kam der Rückschlag: Am geplanten Tag des Verbandswechsels lag das Pferd plötzlich in der Krankenbox, mit deutlichen Schmerzzeichen. Zuerst dachten wir an eine Kolik, aber nach dem Entfernen von Schuh und Verband zeigte sich schnell: Das Hufgeschwür hatte sich erneut verschlimmert, das Loch war deutlich größer und es floss erneut Sekret ab.
An dieser Stelle war klar: Wir müssen gründlicher ran. Das nekrotische, entzündete Gewebe wurde entfernt, das Loch war jetzt mehrere Quadratzentimeter groß (siehe Bild zu diesem Zeitpunkt). Die Tierärztin und ich haben alles mit Natriumhypochloritlösung gespült. Ab diesem Zeitpunkt beschlossen wir, das Pferd für die weitere Behandlung konsequent in der Krankenbox zu lassen.
Der Hufdruckverband – der unterschätzte Schlüssel zum Behandlungserfolg
Jetzt kommt meine wichtigste Erfahrung für euch alle, die mit Pferdehufen zu tun haben: Der richtige Hufdruckverband ist das A und O, egal ob das Loch klein oder groß ist! Wie auf hippophil.de und in der klassischen Literatur beschrieben, ist ein Hufdruckverband dann nötig, wenn nach dem Öffnen eines Hufabszesses die Lederhaut oder gar die Huflederhaut freiliegt. Die Blutzirkulation darf nicht unterbrochen werden, die Hornproduktion muss unterstützt werden – und genau das leistet der Druckverband.
Schritt-für-Schritt: Ablauf der Behandlung
So haben wir es gemacht:
- Das nekrotische Gewebe komplett freigelegt durch Entfernen des darüber liegenden Horns.
- Mehrmaliges Spülen mit Wunddesinfektionslösung – in unserem Fall Natriumhypochlorit.
- Anlage eines sterilen Hufdruckverbandes – bestehend aus mehreren gefalteten Kompressen, so gestapelt, dass sie ordentlich über das Loch hinausragen. (Ein Video zur genauen Technik findest du unten auf dieser Seite!)
- Fixierung mit selbsthaftender Bandage, Polsterung mit Watte – für Schutz, aber auch ordentlichen Druck.
- Optionaler Schutz durch Panzertape-Sohle oder Hufschuh – besonders für Pferde, die trotz Verband wieder raus auf Paddock oder Wiese sollen.
Der Verband wurde alle paar Tage gewechselt und die Heilung schritt zügig voran. Ihr seht die Entwicklung auf den unten eingefügten Fotos: Bereits nach drei Tagen war die Entzündung deutlich zurückgegangen, die Huflederhaut fing an zu granulieren, Wundränder schlossen sich. Kleine Bluttropfen beim Verbandswechsel sind völlig normal – wichtig ist die saubere Wundversorgung und immer wieder ein sauberer, gut angepasster Druckverband.
Zwischendurch: Tipps aus der Praxis
Wir haben im Verlauf, wie auch auf hippophil.de empfohlen, gelegentlich Jodoform-Zinkoxid-Pulver verwendet – wirkt stark antibakteriell und trocknet die Wunde aus. Achtung: Das Horn kann dadurch manchmal zu schnell gebildet werden und sich nicht optimal an die Lederhaut anlagern, dann sollte man gezielt nachschneiden, damit die Heilung von außen nach innen erfolgt.
Rückkehr in den Offenstall: Geduld und Sorgfalt zahlen sich aus
Nach etwa drei Wochen war das Loch vollständig überhornt, die Hornschicht zwar noch dünn, aber bereit für mehr Belastung. Damit auf dem großen Paddock keine Komplikationen entstehen, habe ich das Ganze noch einmal mit Kompressen, Holzteer getränktem Werg und Ledersohle abgeschlossen – ein Duplo-Beschlag drüber, um alles zu schützen. Dieses Setup hielt zwei mal vier Wochen, bis das Pferd wieder ganz barhuf gehen konnte.
Wichtig: Erst wenn die Hornschicht wirklich stabil ist, sollte das Pferd wieder ohne zusätzlichen Schutz auf Paddock oder Weide laufen.
Fazit: Hufdruckverband – einfach, aber lebenswichtig!
Mein Appell an euch: Gerade bei Hufgeschwüren, wo die Lederhaut offenliegt, kann ein sauberer Hufdruckverband den Unterschied machen – ob eine unkomplizierte Heilung oder langwierige Probleme folgen. Auch kleine Läsionen können, wenn nicht richtig behandelt, zu nekrotischem, schmerzhaftem Gewebe führen. Überlasst das nicht dem Zufall, sondern besteht auf einem fachgerecht angelegten Hufdruckverband.
Wie das im Detail funktioniert, zeige ich euch im eingebetteten Video unten!
Bleibt dran, schaut euch den Heilungsverlauf auf den Bildern an und teilt gern eure Erfahrungen oder Fragen in den Kommentaren. Mir ist wichtig, dass jeder, der mit Hufen und Pferden zu tun hat, diese grundlegende Technik kennt – sie ist kein Hexenwerk, aber enorm wirksam.
In diesem Sinne wünsche ich euch und euren Pferden alles Gute – und hoffentlich bleibt euch das Thema Hufgeschwür möglichst fern!
Weiter unten kommen noch die Bilder des Heilungsverlaufes und das versprochene Video:
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Tag 1.
So sah der Huf aus, nachdem ich den Prozess vollständig von darüberliegendem Horn befreit hatte.
Man sieht nekrotisches Gewebe und eitrige Stellen.

Tag 3
Wir hatten den Huf lediglich mit Natriumhypochloridlösung gespült und einen sauberen Hufdruckverband angelegt. Schon zwei Tage später ist zu sehen, dass das entzündliche, eitrige und nekrotische Gewebe nahezu verschwunden ist. Die Wundränder beginnen sich von außen her zu schließen, die Lederhaut ist frei. Ein kleiner Bluttropfen auf dem Bild stammt vom Entfernen der Kompresse.

Tag 6
Der Huf ist in der Krankenbox fotografiert. Das Pferd kann mit dem Hufdruckverband schon wieder erstaunlich gut laufen. Auf dem Bild nach Abnahme des Verbandes ist deutlich zu erkennen, dass die Wunde sehr schön granuliert, also frisches Gewebe bildet, und von den Seiten her zuwächst.

Tag 8
Das Pferd läuft weiter hervorragend, die Heilung schreitet fort. Im Bild nach Öffnen des Hufverbandes sieht man, dass die offene Fläche, die noch nicht überhornt ist, wieder etwas größer geworden ist – hier wurde zwei Tage zuvor nachgeschnitten, um sicherzustellen, dass die Verhornung von gesunder Randlederhaut ausgeht. Es ist deutlicher Heilungsfortschritt zu sehen. Das erneute Schneiden wurde notwendig, weil ich das Pulver aus Jodoform, Zinkoxid und Tannin etwas zu früh verwendet hatte. Deswegen schritt die Hornbildung zu rasch voran und das Horn hatte an den Rändern keinen guten Anschluß an die Oberhaut, was mit dem Hufmesser vorsichtig korrigiert wurde.

Tag 10
Die Heilung schreitet weiter fort...

Tag 15
Das Loch im Huf ist auf dem Bild etwas kleiner geworden als zu Beginn. Die Wunde blutet beim Entfernen der Kompresse kaum noch, auch die dünnsten Stellen beginnen sich nun langsam zu überhornen.

Auf dem Foto ist zu sehen, dass das Loch mittlerweile komplett überhornt ist – die Hornschicht ist zwar noch sehr dünn, aber die Wunde ist vollständig geschützt. Es wurde noch einmal ein Hufdruckverband angelegt, um die Heilung abzusichern.

Tag 24
Die Hornschicht ist jetzt deutlich dicker geworden und bietet einen stabilen Schutz. Das Pferd konnte ohne Verband und mit einem Duplo-Beschlag wieder auf den Paddock.

Tag 24 mit Duplo
Der Beschlag ist praktisch ein dauerhafter Hufverband:
Die ehemalige Wund ist nach wie vor mit dem Pulver und Kompressen versorgt.
Außerdem sorgen holzteergetränkter Hanf und eine Paste namens Magic Cushion dafür, dass kein Schmutz und höchstens sehr wenig Feuchtigkeit eindringen kann. Außerdem ist damit etwaiger Fäulnis vorgebeugt

Tag 24 mit Duplo seitlich
Der Beschlag von der Seite.
Da wir den Beschlag nur 2 x für vier Wochen benutzt haben, verzichteten wir darauf, auch das andere Vorderbein zu beschlagen.
Der Duplo Beschlag ist auf dem gepflasterten Paddock ähnlich rutschfest wie ein Barhuf. Dies ist der Hauptgrund, warum ich in hier verwendet habe.